Monatsarchiv: Februar 2017

08.02.2017

Der Himmel überm Hundeheim wird heute Nacht zwei Sterne mehr haben. Oma Luzy und der große Artus haben uns heute verlassen und sich auf den Weg auf die andere Seite gemacht.

Zwei große Kämpferherzen haben aufgehört zu schlagen.

Am 16.06.2000 wurde Luzy in Heimersheim geboren und zog acht Wochen später bei uns ein. Es zeigte sich rasch, dass da ein äußerst selbstbewusstes Hundepersönchen heranwuchs. Schon als Zwerg hast du in der Hundeschule zwischen den anderen Hunden immer alles geregelt und gesagt wos lang geht. Warst die Einzige die die Übungen hinterfragt hat und zu dem Schluss kam, alles Blödsinn, das ist mir zu simpel, da müsst ihr euch schon was besseres und überzeugenderes einfallen lassen.

Mit Eintritt der ersten Hitze mit acht Monaten wurden andere Hündinnen unerbittlich bekämpft und so verbrachte Luzy ihr langes Leben als Chefin eines großen Rüdenharems. Sie hatte gute Gene unser dickköpfiges Mädchen und war in den knapp 17 Jahren nicht ein einziges Mal krank. Jede unserer HelferInnen von Anbeginn des Hundeheims an kannte Luzy. Sie war der Fels in der Brandung und eine sichere Konstante, hatte immer alles im Blick und fest in der Pfote.

Für einen Hund wie Luzy mit einem solch eisernen Willen war es schlimm,  als letztes Jahr die Hinterbeine begannen schwächer zu werden und immer mehr ihren Dienst zu versagen. Ihren Rolli lehnte Luzy erstmal ab, das war unter ihrer Würde sich solcher Hilfsmittel zu bedienen. Aber mit der Zeit musste auch Luzy einsehen, dass ohne Rolli keine Spaziergänge mehr möglich waren und so fügte sie sich in das unvermeidliche und setzte alles daran, die anderen Hunde beim Spaziergang zu überholen.

Liebe Luzy, du warst immer gerade heraus, bist immer den graden Weg gegangen, bequem musste er nicht sein, hast dich bis zum Schluss nie verbiegen lassen oder Dinge nur anderen zum Gefallen getan. Da wir uns so ähnlich sind, wirst du mir um so mehr fehlen und nimmst ein Stück von mir mit. So viele Hunde hast du bei uns im Haus kommen und gehen sehen. Das wird ein großes Halloo geben, wenn du sie nun alle wieder triffst. Und sie werden sagen, jetzt kann nichts mehr passieren, die Chefin ist wieder da.

Leb wohl mein verrücktes, unbeugsames Mädchen. Du hast einen festen Platz in unser aller Herzen. Und uns bleiben viele Erinnerungen, die uns keiner nehmen kann.

 

 

Ich muss mich jetzt erstmal sammeln. Den Nachruf für unseren lieben Tüssi gibts Morgen.

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07.02.2016

Wir und unsere HelferInnen sind ja immer sehr bemüht es unseren Hunden so gemütlich wie möglich zu machen. Die Hunde finden das auch immer super und haben ne Menge Spaß, haben aber leider oft doch irgendwie ne andere Sichtweise von gemütlich. Was für die Hunde heißt gemütlich ist für uns gleichbedeutend mit Mehrarbeit, um die ganzen Brocken zusammen zu suchen und weg zu räumen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Dixie kann so was weder verstehen, noch sehen und denkt, wie dumm kann man sein und versteckt seinen Kopf ganz tief unter der Bettdecke, um von dem Elend nichts mitzubekommen….

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06.02.2017

Ein feiner Tag war das heute. Penn ist ein- und Sita ist ausgezogen. Aber der Reihe nach.

Um dem lieben Penn den Start in ein neues Leben zu erleichtern haben wir ihn heute in die Hausgruppe integriert. Unsere 8 großen Rüden und das alte Luzymädchen haben es mal wieder perfekt gemacht. Den Neuen freundlich und neugierig begrüsst und das wars dann auch schon und das obwohl Penn erstmal von den vielen Hunden ganz schön beeindruckt und auch verunsichert war und Anfangs die Nase kraus zog und brummte. Aber die Jungs wissen das zu deuten, haben gespürt, dass Penn das gar nicht so meinte und sind einfach drüber weggegangen. Wirklich genial.

Aber auch Penn ist einfach ein unglaublich toller Kerl. Hat seit Welpe die neun Jahre seines bisherigen Lebens in einer bulgarischen Auffangstation verbracht und kann nichts außer dem Auslauf dort ein paar Kumpels und seiner Hütte kennen. Und was macht er? Er tut so als hätte er nie woanders als im Haus gelebt, bewegt sich hier völlig selbstverständlich und ohne Scheu. Untersucht und testet alle Hundebetten, sucht sich das eine vor meinem Bett raus, Fernseher stört ihn nicht, alles völlig normal. Dafür bewundere ich Hunde wie Penn zutiefst. Diese Gelassenheit, die Freude nun dazu zu gehören, sich gleich wohl und geborgen fühlen. Wer Penn sein endgültiges Zuhause gibt, der bekommt einen Traumhund. Besser geht nicht!!!

Ausgezogen ist dann anschließend das Sitamädchen. Genauso ein unglaublich tolles Hundemädchen. Sie lebte von klein an in Georgien auf der Strasse und weiß wie man überlebt. Ist klug, freundlich und Menschbezogen, voll jugendlicher Energie und wie es sich gehört auch manchmal übermütig. Auch sie nimmt das Leben wie es kommt mit Charme und Leichtigkeit und unbeschwerter Fröhlichkeit.

Nun hat sie ihr erstes eigenes Zuhause und das hat sie sich in 0 komma nix erobert und für ganz prima befunden. Ihr neuer Spielkamerad ist ein junger Jack Russel, da hat sie den richtigen Sparringspartner, so schnell, ausdauernd und wendig wie Sita ist. Maus jetzt gehts richtig los. Wir sind sicher, du wirst alles richtig machen und deinen Menschen viel Freude bringen.

Tja, ist schon immer schwierig mit diesen Tierheimhunden. Wer weiß was die so alles erlebt haben, da steckt man ja nicht drin. Da ist man mit einem Hund vom Züchter doch eher auf der sicheren Seite. Haha….

 

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05.02.2017

Am Freitag ist nach nur drei Wochen bei uns das Leamädchen ausgezogen. Diese puscheligen Mäuse finden immer rasch ihre Liebhaber. So wie wir uns das für Lea erhofft und gewünscht hatten, in ein Zuhause mit Hundekumpel.

 

Smarty heißt der hübsche Bub, der Lea sogar im zweiten Anlauf seinen Lieblingsschlafplatz überlassen hat. Das nenn ich mal nen Kavalier.

 

 

 

 

Lea hat sich überraschend schnell in der neuen Umgebung zurecht gefunden und wie ein Stein durch geschlafen. Ihr neues Zuhause liegt schön ländlich und ihre neue Familie wird mit Lea jetzt nach und nach alles erkunden. Smarty wird ihr dabei eine große Hilfe sein. Wenn man bedenkt, dass Lea vor kurzem noch in der Notunterkunft in Bulgarien wegen Platzmangels an der Kette vor ihrer kleinen Hütte leben musste, dann ist das jetzt wirklich ein Quantensprung und die Maus hat sich in der kurzen Zeit hier in Rekordtempo gemausert.

Ein bisschen Glück gehört immer dazu und das hatte die liebe Lea jetzt endlich. Lass es dir gut gehen und genieß dein neues Leben!

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02.02.2017

Wie jedes Tierheim bekommen auch wir oft die Sachen von verstorbenen Hunden gebracht. Der „Hausstand“ eines Hundes sagt uns viel über das  Leben das er hatte und die Menschen erzählen uns oft mit Tränen in den Augen Geschichten aus der gemeinsamen Zeit.

Und manchmal da trifft man Menschen deren Motto „geht nicht, gibts nicht“ heißt und die unglaubliche Anstrengungen unternehmen, ihren Hund in schwerer Zeit nicht aufgeben und alles tun, dass er trotz Krankheit, Behinderungen und Einschränkungen weiterhin voll am Familienleben teilhaben kann.

Solche besonderen Menschen waren gestern bei uns und brachten uns den Nachlass ihres Hundes Quincy. Der Hundeopa hatte so manche gesundheitliche Baustelle und konnte zeitweise kaum noch laufen. Da sich das Leben im oberen Bereich des Hauses abspielte, Quincy aber die vielen Treppen nicht mehr bewältigen konnte baute man für ihn eine Rampe über anderthalb Stockwerke.

Lange Zeit musste Quincy in seinem Tragegurt gestützt hochgeführt werden. Auf dem Video seht ihr das unglaubliche Werk und wie Quincy nachdem es ihm wieder besser ging, die Rampe nutzt. Die vielen Treppenstufen hätte er ohne seine Rampe nicht laufen können.

Rampe Quincy

Danke, dass ihr uns Quincys Nachlass anvertraut habt!

Als wir miteinander sprachen ging es auch um inkontinente Hunde (bei uns derzeit zwei), die viele Wäsche die dann anfällt, dass so eine Tierheimwaschmaschine absolute Schwertsarbeit leisten muss und in der Regel nicht so wahnsinnig lange durchhält. Abends bekamen wir dann völlig unerwartet eine Nachricht, dass uns Quincys Menschen eine neue 15 Kg Waschmaschine spendieren. Uff, das ist wirklich eine tolle Überraschung. Ganz herzlichen DANK dafür!!!

 

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01.02.2017

Ich hätte euch gestern ja gerne was geschrieben aber um halb 12 verabschiedete sich das Internet und dann hängte sich auch noch der Compi auf. Aber heut siehts wieder gut aus.

Heute war Jaymas großer Tag, der Umzug ins erste richtige Zuhause. Die Maus war ganz jung zusammen mit ihrem Bruder ausgesetzt worden und kam dann in die Perrera in Vitoria. Zum Glück hat sie durch das Erlebte keinen Schaden genommen und ist ein freundliches, offenes und fröhliches Hundemädchen.

Die Familie hatte vor über 12 Jahren unseren Checkers adoptiert, der nun im Hundehimmel ist. Ohne Hund macht das Leben keinen Spaß und als die Familie Jayma bei uns entdeckte, wars um sie geschehen.

Klar war Jayma in der neuen Umgebung Anfangs etwas unsicher, sie hat sich aber schnell gefangen und begonnen ihr neues Reich zu erobern. Sie hat nun alle Zeit der Welt sich in Ruhe einzugewöhnen und die Vorzüge eines schönen, behüteten Zuhauses zu erleben. Hab ganz viel Spaß und ein wunderbares Hundeleben süße Jayma!

Oft merkt man erst was man hatte, wenn man es verloren hat. So ging es Encas Familie und ihrem arg trauernden Kumpel. Sie ließen vieles des gemeinsamen Jahres Revue passieren und merkten, dass sie dem Druck der Umgebung erlegen waren, dass nur ein Hund der frei laufen kann/darf ein glücklicher Hund ist. Und das wollten sie, einen glücklichen Hund und hatten in dem Jahr wirklich erhebliche Anstrengungen dazu unternommen. Aber ihr Jagdtrieb hebelte einfach vieles aus.

In einem ausführlichen gemeinsamen Gespräch konnten wir vieles gerade rücken und entkräften und so fuhr eine glückliche Enca mit ihren Menschen heute wieder ins alte Zuhause.

Zum Thema Jagdtrieb möchte ich einen ganz wunderbaren Text von Nadine Mathews mit euch teilen. Ich hoffe, dass nach dem lesen so mancher seine Jagdnase mit anderen Augen und mehr Verständnis ansehen wird:

Der Rausch im Hundekopf – das Jagd-Fieber
Auf der Jagd nach dem großen Gefühl – unerwünschtes Jagdverhalten. Waren Sie schon mal verliebt? Erinnern Sie sich an das Gefühl der Euphorie? Wie Sie dämlich grinsend durch die Welt liefen, kaum essen konnten, zu einem vernünftigen Gespräch nicht in der Lage waren, dafür aber vor Energie fast geplatzt sind? Sie haben ihren Körper noch nie in diesem Ausnahmezustand erlebt? Dann werden Sie auch nie einen jagenden Hund verstehen!

Im Rausch
Jedes Mal, wenn Sie versuchen Ihre beste Freundin anzurufen, antwortet sie mit hoffnungsvoller Stimme. Doch sie erwartet nicht Ihren Anruf, sondern den
eines anderen Menschen. Sobald klar ist, dass es „nur“ Sie sind, schleicht sich eine kaum verhohlene Enttäuschung in ihre Stimme. Ihre Freundin ist verliebt, ihr Fokus liegt jetzt ganz woanders. Essengehen mit ihr ist ein Ding der Unmöglichkeit, sie bekommt keinen Bissen herunter. Themen, die sich nicht um den von ihr begehrten Menschen drehen, sind völlig uninteressant. Gemeinsame Pläne spielen keine Rolle mehr. Zu keinem klaren Gedanken fähig, zu keiner Arbeit in der Lage, wartet sie nur auf den Moment, ihn wiederzusehen. Ihr ganzer Körper spielt verrückt.

Vorübergehende Verrücktheit

Genau das ist es, was passiert, wenn Menschen sich verlieben. Eine italienische Psychologin beschrieb das Verliebtsein einst als eine Form von
„vorübergehender Verrücktheit“: beim Anblick des geliebten Objekts weiten sich die Pupillen, das Herz schlägt schneller, der Blutdruck steigt. Schuld daran sind Hormone, in erster Linie der Botenstoff Dopamin. In den Hirnregionen, in denen die Motivations- und Belohnungszentren liegen, steigt der Spiegel des Dopamin stark an. Bedürfnisse wie Hunger, Durst oder Schlaf werden unterdrückt. Kein Wunder, dass manche Wissenschaftler die Ansicht vertreten, „verliebte Menschen sollten krankgeschrieben werden“, weil sie nicht mehr in der Lage sind, ihren Job ordentlich zu erledigen.

Hormoncocktail mit Suchtgefahr

Und jetzt stellen Sie sich Ihren Hund vor, der gerade jagt. Taub für ihr Gebrüll, Gepfeife oder andere Versuche, ihn zu stoppen, rast er über das Feld, weil er am Waldrand ein Reh gesichtet hat. Dabei haben Sie doch alles gegeben: besser als jeder Windhund scannen Sie die Umgebung ein und lauschen auf jedes Knacken im Unterholz. An Stellen, an denen Ihnen schon einmal Wild über den Weg gelaufen ist, versuchen Sie über immer neue
Suchspiele den Hund abzulenken. Sie rufen ihn häufig mit einem lockeren „Hier“ heran, um es nicht nur dann zu tun, wenn es eine schwierige Situation gibt. Das mit der Schleppleine haben Sie bereits aufgegeben, weil Sie sich vom letzten Jagdversuch ihres Hundes körperlich noch nicht vollständig erholt haben.

Und dann kommt es doch: das Reh – und aus Ihrem „Hier“ wird ein hektisches „HIIIIIIER“, woraufhin Ihr Hund direkt den Kopf hochreißt und beim Erblicken des Rehs auch schon loshetzt. Die Disc-Scheiben in Ihrer zitternden Hand erzielen diesmal sogar einen Körpertreffer. Doch als wäre er aus Stahl, prallen die Scheiben am Hund ab. Selbst die sonst so geliebte Fleischwurst, für die er normalerweise alles tut, halten Sie jetzt wie eine abgewiesene Einladung in Ihrer Hand. Er hat sich entschieden: gegen die Wurst, für das Reh. Während sie noch darüber nachdenken, was für ein treuloses Tier Sie seit Jahren durchfüttern, sich ärgern, dass wir in Deutschland viel zu viel Wild haben, wütend am Wegesrand stehen und sich schwören, ihn ab morgen (sollte er denn wiederkommen) nicht mehr abzuleinen, passiert im Körper ihres Hundes etwas ganz anderes. Etwas, das dem Verliebtsein des Menschen sehr ähnelt. Auch bei ihm wird ein Hormoncocktail ausgeschüttet, der Suchtgefahr beinhaltet.

Unerreichbar dank Dopamin

Dieser Cocktail, bei dem auch wieder das Dopamin eine entscheidende Rolle spielt, bewirkt ein Hochgefühl, körpereigene Opiate machen dabei schmerzunempfindlich. Es ist ein Feuerwerk der Hormone und lässt den Hund wie besessen erscheinen. Der Herzschlag beschleunigt sich, der Blutdruck steigt, durch die Vergrößerung des Lungenvolumens und durch die starke Durchblutung wird der Körper mit ausreichend Sauerstoff versorgt, um die
maximale Leistungsfähigkeit zu erreichen. Nichts anderes mehr wahrnehmend, erinnert selbst der Blick an den eines Verliebten.
Unterschiedlicher können die Empfindungen zwischen Hund und Halter in diesem Moment nicht sein: der eine im Taumel der Glückseligkeit, der andere voller Sorge. Denn Sie warten ja noch immer, er ist mittlerweile außer Sicht und ausgerechnet jetzt hören Sie einen Schuss und das Quietschen von Autoreifen. Von dieser Sorge getrieben senden Sie wie ein Radargerät alle dreißig Sekunden ein „Hier“ als Information für den Hund, dass Sie noch da sind. Falls er überhaupt irgendetwas hört, kann er sich sicher also sein, dass Sie auf ihn warten. Einfach ins Auto steigen und wegfahren wäre sicherlich sinnvoller, wenn da nicht die Straßen wären und die Angst, dass ihm etwas passieren könnte.

Menschen sind schlechte Jagdbegleiter
Minuten vergehen (gefühlt sind es Stunden) und dann sehen Sie ihn: abgekämpft trabt er auf Sie zu, während Sie eine schnelle Gefühlswandlung durchleben. Die Sorge weicht der Erleichterung, direkt gefolgt von Wut. Leider sind Hunde sind neben ihren jagdlichen Fähigkeiten sehr talentiert im Deuten menschlicher Körpersprache. Ihre hervorspringende Halsschlagader erkennt Ihr Hund auf mindestens fünfzehn Meter und antwortet mit Demutsverhalten. Auf den Brustwarzen kriechend und mit angelegten Ohren kommt er auf Sie zu. Man könnte fast den Eindruck gewinnen, er wüsste, dass er etwas falsch
gemacht hat. Eigentlich ist es aber nur ein Indiz dafür, dass er sich nicht mehr im Jagen befindet, zur normalen Kommunikation fähig ist und dadurch Ihre drohenden Signale richtig interpretiert. Ansonsten würde er wild hechelnd und mit leicht irrem Blick auf Sie zu und dann an Ihnen vorbeilaufen, um weiterzujagen. Sie konzentrieren sich ein letztes Mal und zwingen sich die mittlerweile übel riechende Fleischwurst aus der Tasche zu ziehen, mit zusammengepressten Zähne quetschen Sie sich ein „So ist fein“ heraus und belohnen ihn für sein Zurückkommen. Warum auch immer, schließlich ist er erst gekommen, als er fertig war und das nur, weil er nicht allein im Wald leben möchte. Sie wundern sich, warum er Ihnen das immer wieder antut. Er fragt sich, warum Sie sein Hobby nicht teilen.

Nicht nur eine Frage der Erziehung

Eventuell haben Sie trotz aller Wut auch Verständnis für Ihren jagenden Hund. Schließlich jagt er nicht, um Sie zu ärgern oder weil er Sie nicht ernst nimmt.
Jagen ist nicht unbedingt ein soziales Problem und lässt auch keine Rückschlüsse auf die Erziehung zu. Da können Hunde noch so gut im Alltag kooperieren, stundenlang vor dem Supermarkt ohne Leine liegen und warten, zuhause unauffällig und ruhig sein, mit Kindern lieb und auf dem Agility-Platz ein As sein: wenn eine jagdliche Situation entsteht, läuft bei manchen Vierbeinern das genetisch fixierte Programm ab. Hormongesteuert sind sie gar nicht in der Lage, anders zu reagieren. Wissenschaftlich lässt sich das ganz einfach erklären. Der körpereigene Cocktail versetzt den Hund in eine geradezu zwanghafte Situation, hinterherhetzen zu müssen und belohnt ihn mit einem rauschähnlichen Zustand. Aber man muss gar nicht einmal die Wissenschaft bemühen, um das Verhalten ihres Hundes zu erklären. Manchmal reicht es auch, einem von der Hatz gerade
zurückkehrenden Hund ins Gesicht zu schauen. Dieser Ausdruck in den Augen, die langgezogenen Mundwinkel: das pure Glück schäumt Ihnen da entgegen.

Auf der Jagd
Vielleicht hatten Sie ja schon ein- oder zweimal die Chance, das Reh früher als ihr Hund zu sehen, ihn anzuleinen und damit das Schlimmste zu verhindern. Doch das hechelnde Wesen am anderen Ende der Leine dann noch dazu zu bringen, sich auf Sie zu konzentrieren und das Wild keines Blickes zu würdigen, ist eine ganz andere Sache. Denn wenn ihn die Hormone schon durchströmen, dann ist er für Ihre Anliegen kaum noch zugänglich.
Oder haben Sie mal versucht, einen verliebten Menschen von der Notwendigkeit einer nur dreitägigen Reise zu überzeugen, die ihn oder sie vierhundert Kilometer weg vom geliebten Objekt führen würde? Keines ihrer Argumente, die teuren Stornokosten, die Vorfreude, die man monatelang über das bald anstehende verlängerte Wochenende teilte, der Hinweis auf die Freundschaft, die bei einer Absage schwer geschädigt werden würde…
Nichts wird den von Dopamin durchfluteten Menschen dazu bringen, doch noch mitzufahren. Nicht einmal, wenn noch gar nicht klar ist, dass das ganze ein glückliches Ende nehmen wird, der oder die Verliebte möglicherweise drei Tage unverrichteter Dinge nur seine leere Mailbox abhören kann, nichts wird ihn von der Nähe des begehrten Menschen entfernen. Und nun erklären Sie ihrem Hund mal, dass das mit dem Reh
keine gute Idee ist. Dass es im Falle einer Hatz zwei Tage kein Futter und fünf Tage keinen langen Spaziergang mehr gibt. All das wird ihn nicht vom Jagen abhalten. Er kann nicht anders, er ist auf der Jagd, nicht nach Nahrung, sondern nach dem großen Gefühl. So wie wir alle.

Leidenschaft lässt sich nicht abstellen

Das ist der Grund dafür, dass die meisten Erziehungs- und Unterbrechungsmethoden bei einem jagenden Hund nicht dazu führen, dass er nicht mehr jagen will. Sie können niemanden ausreden, verliebt zu sein. Denn es ist keine vom Verstand zu steuernde Entscheidung, die da gefallen ist. Wir kriegen das Jagdverhalten nicht aus einem Hund heraus, schließlich haben wir es auch nicht hineingetan. Was bleibt, klingt nüchtern:
Jagdverhalten lässt sich allenfalls kontrollieren, aber der Wunsch danach nicht abstellen. Realistisch ist der Anspruch auf Kontrolle über das Jagdverhalten, also ein lebenslanger Reibungsprozess mit dem Hund. Es wird ein Kampf gegen seine Genetik und gegen die Hormone bleiben. Und gerade die werden es Ihnen nicht leicht machen, mit einem Ruf noch in den Kopf Ihres Hundes zu kommen. Dazu gehört einiges an Vorarbeit, das Trainieren in realistischen Situationen und ein gutes Timing.

Deshalb ein letzter Tipp:

Wenn Sie gerade selbst verliebt sind, lassen Sie Ihren jagenden Hund besser an der Leine. Es sei denn, Sie haben es auf den Förster abgesehen.“

 

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