24.06.2019

Ja ich weiß, nach so einem Tagebucheintrag fragen sich immer viele was los war. Inzwischen muss man leider sagen, „einfach“ nur der ganz normale Wahnsinn. Unzählige Telefonate und Termine alle nur mit dem einen Ziel, den rundum sorglos Hund, die eierlegende Wollmilchsau zu ergattern, einen Hund der schon alles kann und das natürlich vom ersten Moment an ohne dass man sich selbst auch nur irgendwie bemühen müsste. Da verlangen Leute zu einem Auslandshund eine lückenlose Vorgeschichte, wie sollte man sich denn sonst darauf einstellen können, was da auf einen zukommen könnte… Ich kann mich auf alles einstellen, wenn ich einfühlsam und empathisch bin, meinen Hund beobachte und vor allem Zeit gebe sich zu entwickeln. Nein, das ist ja viel zu umständlich, zumal bei sehr vielen Menschen jegliches Bauchgefühl nicht vorhanden ist und dann kommt man natürlich ohne eine detaillierte „Gebrauchsanweisung“ für den Hund nicht zurecht.

Wie oft hört und liest man was so alles passieren kann, wenn Menschen total gestresst und überfordert sind oder sich so fühlen. Da werden Babys zu Tode geschüttelt, weil sie einfach nicht aufhören zu schreien. Da entstehen um einen Parkplatz handgreifliche Auseinandersetzungen und und und. Klar der Mensch macht sich einfach Luft, schreit und schlägt seinen Frust, seine Überforderung heraus. Ganz normal. Was gestehen die Menschen einem Hund in gleicher Situation zu? NICHTS dergleichen, der muss das halt abkönnen, denn man meint es ja gut mit ihm. Da kommt Hund nach stundenlanger Autofahrt im neuen Zuhause an und ist verständlicherweise erstmal ziemlich bis sehr verunsichert und gestresst. Alles weg was er kannte und ihm Sicherheit gab, Menschen, Umgebung, Abläufe, Puff weg, Neustart. Aber der Hund kann nicht so einfach den Reset Knopf drücken. Der gutmeinende/ignorante Mensch sieht das alles nicht und stellt den Hund in den ersten Stunden und Tagen noch vor zig neue, vielleicht auch beängstigende Situationen.  Da ja noch keine Bindung oder ein Vertrauensverhältnis zu den neuen Menschen da ist, hat Hund keinen Halt und wird mit all seinen Ängsten und Unsicherheiten allein gelassen. Und wenn der Hund dann aus der Jacke springt und eskaliert, ja dann geht das so natürlich nicht. Das hat man sich ja so gar nicht vorgestellt, das sollte doch alles harmonisch verlaufen, man hat sich doch so auf den Hund gefreut. Dann tut doch verdammt noch mal was dafür, dass es auch so laufen kann. Habt Zeit, habt Geduld, habt Verständnis anstatt den Hund postenwendend raus zu schmeißen. Nicht der Hund hat Fehler gemacht, sondern der Mensch. Ist aber nicht schön sich das einzugestehen und statt aus der Erfahrung klug zu werden und sich um Besserung zu bemühen, tschüß Töle, du warst es wohl doch nicht.

Wir sind so müde und genervt mit solchen Zeitgenossen, die uns viel zu oft über den Weg laufen. Über die letzten 20 Jahre ist so eine Veränderung mit einem Großteil der Menschen passiert. Kontrolle ist so wichtig, das einzige was in einer Angstbesetzten Welt noch Sicherheit vermittelt. Und deswegen muss es der mittelkleine bis maximal mittelgroße Hund richten. Große Hunde kommen fast nur noch in Frage wenn es Rassehunde sind. Hund muss immer cool bleiben, sich mit Hund Katze Maus verstehen, darf nie unfreundlich werden, egal wer ihn schon wieder antatschen will, immer freudig und zugewandt. Ihr lieben Menschen wenn ihr alle die ihr so denkt und seid auch nur einen Bruchteil der Belastbarkeit, der Flexibilität, des Verständnisses und seelischen Größe der meisten Hunde hättet, könnte es für alle ein harmonisches Miteinander sein. Die sensiblen Hunde, die selbst Hilfe bräuchten, die dann so im Regen stehen gelassen werden, ziehen daraus auch ihre Schlüsse. Und das bekommen wir dann entweder wieder hin oder es heißt Endstation Tierheim. Aber mal ganz ehrlich, vielen dieser Hunde gehts bei uns um Längen besser als wenn sie solch ein ignorantes Zuhause hätten. Bei uns werden sie ge- und beachtet, werden geliebt und geschützt. Sie bekommen die Möglichkeit sich zu entwickeln, wieder Vertrauen zu fassen, jeder in dem ihm eigenen Tempo. Und genau deswegen freuen sich unsere Hunde in der Regel aus tiefstem Herzen, wenn sie aus solch einer Situation wieder zu uns zurück kommen. Puhh, endlich wieder in Sicherheit. Und wir freuen uns auch, dass sie wieder da sind, denn das hat keiner von ihnen verdient.

Mit einem guten Gefühl, unvoreingenommen einen Termin mit Interessenten zu machen fällt immer schwerer, denn dafür haben wir in über 20 Jahren schon viel zu viel Mist erlebt. Und wenn wir emotional nicht mehr die Kurve bekommen, dann wird es auf Gandenhof und Pension rauslaufen, denn wenn das Leben schon nur aus Arbeit besteht, dann müssen wenigstens die schönen Seiten überwiegen. Alles andere sind reine Krafträuber und dafür fehlt uns so langsam die Geduld und das Verständnis.

So, dass musste mal raus. Ich bin jetzt für ein paar Tage bei meiner Mutter und dann sehen wir weiter…

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